Eine
Stadtmaus ging spazieren und kam zu einer Feldmaus. Die tat sich gütlich
an Eicheln, Gersten, Nüssen und woran sie konnte.
Aber die Stadtmaus sprach: "Was willst du hier in Armut leben! Komm
mit mir, ich will dir und mir genug schaffen von allerlei köstlicher
Speise."
Die Feldmaus zog mit ihr hin in ein herrlich schönes Haus, darin die
Stadtmaus wohnte, und sie gingen in die Kammern, die voll waren von
Fleisch, Speck, Würsten, Brot, Käse und allem. Da sprach die
Stadtmaus: "Nun iss und sei guter Dinge. Solcher Speise habe ich täglich
im Überfluss."
Da kam der Kellner und rumpelte mit den Schlüsseln an der Tür. Die Mäuse
erschraken und liefen davon. Die Stadtmaus fand bald ihr Loch, aber die
Feldmaus wusste nirgends hin, lief die Wand auf und ab und gab schon ihr
Leben verloren.
Da der Kellner wieder hinaus war, sprach die Stadtmaus: "Es hat nun
keine Not, lass uns guter Dinge sein."
Die Feldmaus antwortete: "Du hast gut reden, du wusstest dein Loch
fein zu treffen, derweil bin ich schier vor Angst gestorben. Ich will
dir sagen, was meine Meinung ist: bleib du eine Stadtmaus und friss Würste
und Speck, ich will ein armes Feldmäuslein bleiben und meine Eicheln
essen. Du bist keinen Augenblick sicher vor dem Kellner, vor den Katzen,
vor so vielen Mäusefallen, und das ganze Haus ist dir feind. Von alldem
bin ich frei und bin sicher in meinem armen Feldlöchlein."
Wer reich ist, hat viel Sorge.
© by Kiki

|